Voice-Over ist das Mittel der Wahl, um Videos auch noch nachträglich mit besserem Audio aufzuhübschen. Und besseres Audio meint in diesem Fall das Ausmerzen von Fehlern, eine erstklassige Tonqualität und das übergangslose, fast unmerkliche Auffüllen von Lücken, weil wir etwas Wichtiges im Text vergessen haben oder ersetzen wollen.
Diese Verbesserungen direkt im Video-Schnittprogramm FCPX bieten sich aus mehreren Gründen an. Zum einen sind sie schneller und einfacher machbar, als der Versuch, unter annähernd gleichen Bedingungen wie bei der Originalaufnahme eine weitere vertonte Videosequenz zu erstellen. Irgendetwas passt dann meistens nicht. Wenn wir selbst im Bild sind, ist irgendetwas anders, an uns oder der Umgebung (Frisur, Wetter, Licht), so dass jeder Zuschauer diesen „Bruch” bemerkt.
Meistens werde diese Nachbesserungen dadurch notwendig, dass wir etwas Wichtiges vergessen haben, was wir noch einfügen wollen. Oder wir haben schlicht einen Fehler im Text, den es zu korrigieren gilt.
Und FCPX macht es uns wirklich einfach, jederzeit solche Voice-Over Passagen nachträglich einzubauen. Wir müssen lediglich ein Mikrofon anschließen und im Aufklapp-Menü Fenster ”Voice-Over” auswählen. Ein angeschlossenes Mikro wird uns hier angezeigt. Wir steuern die Aufnahme aus, verringern ggf. den Abstand zum Mikro und klicken auf den roten Aufnahmepunkt.
Der Count-Down erleichtert es, den richtigen Zeitpunkt für den Start zu treffen. Und das Beste: Wir können das beliebig wiederholen. Solange, bis wir mit den Formulierungen zufrieden sind, die richtige Textlänge aufgenommen haben, etc.
Trotzdem kann es eine Weile dauern, bis alles passt. Deswegen hier einige Voice-Over Tipps, mit denen Du Zeit sparst und gleich etliche Fehlerquellen von vorne herein ausschließen kannst.
Vorbereitungen
Diese Voice-Over Tipps für die Vorbereitungen klingen vielleicht banal, aber viele von uns tappen in diese Fallen und müssen dann nachbessern.
Zuerst gilt es, Umgebungsgeräusche ausschalten. Das kann Verkehrslärm sein oder ein anderes Geräusch von außen. Mit geschlossenen Fenstern und evt. auch Rolläden wird das meistens besser. Auch in unserem Aufnahmeraum gibt es oft Geräusche. Surrende Festplatten, Ventilatoren etc. Wie bei allen anderen Störquellen gilt auch hier: Vorher Geräte abzuschalten ist wesentlich einfacher, als irgendein Surren später in der Nachbearbeitung herausfiltern zu wollen.
Wichtig ist es auch die Stimme aufzuwärmen. Oft muss man beim Sprechen mehrfach ansetzen, weil man einen Frosch im Hals hat, die Stimme rauh ist und einfach nicht geschmeidig klingt. Wir kennen das von Sängern, die sich ebenfalls „Aufwärmen”. Also erst einmal Singen, Sprechen, Lachen und damit auch die Stimme arm machen. Meistens geht das besser, wenn man es nicht im Sitzen macht, sondern im Stehen oder beim Umhergehen.
Und schließlich ist es in einigen Fällen sinnvoll, den Text aufzuschreiben und / oder ein paar Mal zu wiederholen, bevor man auf Aufnahme klickt. Zumindest dann, wenn wir nicht nur einen kurzen Satz einfügen.
Die Technik
Jedes angeschlossene Mikrofon am Rechner taugt für diese nachträglichen Voice-Over Aufnahmen. Aber die Prinzipien sind natürlich dieselben, wie bei jeder anderen Ton-Aufnahme. Ein Pop-Schutz vor dem Mikrofon entschärft auch hier die harten P- und S-Laute.
Ein USB-Mikrofon (ich habe das Auna 900 B)mit Stativ oder Gelenkarm ist eine einfache und bequeme Lösung – und außerdem ziemlich preiswert. Aber je weiter wir von unserem Mikrofon entfernt sind, desto eher werden auch Umgebungsgeräusche mitaufgenommen.
Auch wir vorher schon alles Störende abgeschaltet haben, bleibt meistens ein ‘Umgebungsgeräusch’, das nur schwer zu beseitigen ist. Die meisten Räume sind nicht so „gedämpft”, dass ein Hall zum Beispiel durch kalte Wände vollkommen ausgeschaltet ist. Statt jetzt Schallschlucker anzubringen, was sich für diesen Zweck nicht so richtig lohnt, ist es einfacher, mit dem Mikrofon näher ran zu gehen.
Und wenn das direkte Sprechen am verhältnismäßig großen USB-Mikrofon nicht so gut gelingt, dann hilft meistens schon ein preiswertes Lavalier-Mikrofon (das Boya BY-M1 lässt sich direkt anschließen , das Rode Go lässt sich mit diesem Splitter-Kabel leicht an den iMac oder das Macbook anschließen; dieser Adapter funktioniert auch mit dem Rode Wireless Go Funk-Set, das mehr Bewegungsfreiheit bietet. In den Aufnahmen mit diesen Mini-Mikrofonen im oberen Brustbereich sind Umgebungsgeräusche oft so minimiert, dass sie nicht mehr auffallen.
Lücken schaffen – und füllen
Auch um Platz zu schaffen für die Aufnahme gibt es ein paar Voice-Over Tipps. Dort, wo wir unseren Voice-Over Text einfügen wollen, sollte derzeit kein Ton unterlegt sein. Am einfachsten fügen wir den neuen Text aber generell so ein, dass wir erst einmal eine Lücke in Bild und Ton schaffen. Das heißt, wir trennen einen Clip an der Stelle, wo wir den neuen Text einfügen wollen. Dann nehmen wir wie oben beschrieben unseren neuen Text auf.
Um die Video-Lücke mit einem Bild oder mehreren Bildern zu schließen, gibt es zwei gute Möglichkeiten. Die sind auch so flexibel, dass wir die zeitliche Länge von Lücke und Text damit gut anpassen können. Das eine ist die Möglichkeit, mit dem letzten Bild vor dem Schnitt ein Standbild zu generieren und einzufügen. Die Dauer des Standbildes können wir selbst festlegen. Dann bleibt unser Video optisch an dieser Stelle stehen, was für wenige Sekunden nicht wirklich schädlich ist.
Längere Sequenzen lassen sich dagegen gut nachträglich mit verschiedenen Fotos oder Standbildern füllen. Oder, was in meinen Augen ideal ist, wir haben soviel B-Roll-Material, dass wir das an dieser Stelle einsetzen können.
Nacharbeiten
Was folgt sind nur noch ein paar kleine Arbeiten zum „Versäubern” der Reperaturstelle. Zunächst schneiden wir den Ton so, dass er sich übergangslos einfügt. Danach nutzen wir die Möglichkeiten zur Audio-Verbesserung, die uns FCPX bietet. Das muss jetzt kein künstlerisches Gesamtwerk werden. Aber die Anpassungen – zum Beispiel Loudness oder diverse Filter oder EQ-Anpassungen – sollten so gewählt sein, dass der Unterschied zum übrigen, original aufgenommenen Ton möglichst gering ist.
Auch die jetzt aufgefüllte Video-Lücke können wir noch etwas aufhübschen. Wollen wir die Einfügung hervorheben, eignen sich Übergänge und Effekte gut. Geht es eher darum die Nachbesserung nahtlos zu integrieren, sollten Standbilder, Fotos oder B-Roll-Materail so bearbeitet werden, wie die Sequenz unmittelbar vor und nach unserer Einfügung. Das betrifft Farbanpassungen, Stil aber auch Dynamik. Der gute alte Ken-Burns-Effekt kann hier etwas Bewegung in Standbilder und Fotos bringen.
Fazit
Das ganze Prozedere klingt jetzt vielleicht sehr nach Reperaturarbeit, was ja meistens auch der Auslöser ist. Mit zunehmender Routine in Videoaufnahme und Schnitt ist diese Voice-Over Technik aber auch bestens geeignet, um Videos mit längeren Textpassagen aufzulockern.
Statt minutenlang “Talking Heads” Szenen zu präsentieren kann die Stimme aus dem Off neue Aufmerksamkeit bringen und die gewünschte Abwechslung. Wer also mit der Technik des nachträglichen Einfügens gut zurecht kommt, der kann durchaus planvoll einen Wechsel von direkten Video-Sprach-Szenen und Voice-Over Abschnitten einplanen. Oder zum Beispiel nachträglich einfach bestimmte Video-Sequenzen mit dieser Technik ersetzen.